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Zum Welttag des Buches hat mir meine liebe Freundin Frau Zeilensprung, der großer Dank gebührt, etwas ganz Besonderes zukommen lassen, das mein Herz hüpfen läßt, ein wunderbares Buch über Friederike Mayröcker, die seit Jahrzehnten meine Lieblingsautorin ist.

Was ist das für ein herrliches Buch!

For International book day

Mayröcker, die vor einigen Jahren hochbetagt starb, hinterließ „2 ½ Wohnungen“ bis zum Bersten gefüllt mit Zettelwirtschaften der eigenen Art.

Das Ganze befindet sich nun in 450 Umzugskartons im Literaturarchiv und wird nach und nach gesichtet.

Natürlich sind solche Nachlässe, wo jemand quasi auf jede Zettelrückseite geschrieben hat, besonders interessant. Notizen auf den Rückseiten von Briefen, aber auch auf auseinander gefalteten Medikamentenschachteln, Papptellern, Servietten, Rechnungen, Werbesendungen etc..

Mit einem Wort: Hypergraphie, aber vom feinsten.

Ich mag das. Mehr noch: ich kenne das. Ein Blick nach rechts eröffnet mir mein eigenes kleines Universum der Zettel. (Kindersatz: „Ich brauche das ALLES!“)

For International book day

Und wie herrlich der Gedanke, daß jemand all das will, was man hinterlassen hat. Ich miste täglich aus, denn ich habe nur ein kleines, dünnes Kind, das am Ende all den Kram ihrer Mutter auf schmalen Schultern stemmen muß.

Friederike Mayröcker zu lesen ist besonders. Man muß in den Texten schwimmen lernen. Nicht versuchen alles zu verstehen, sondern den Strömen von Inspirationen folgen, Goldkörnchen entdecken, sich mitreißen lassen.

Man braucht dafür Zeit, zugegeben. Nein, eine Handlung gibt es nicht. Alles ist Handlung, alles ist Kult, ist Magie. Sie ist die „poeta magica“. Gedanken mäandern, führen in neue Räume, zu neuen Namen, zu neuen Träumen, alten Erinnerungen und verweben immer auch sehr fein Kunst und Musik.

„Meine Kometenschaft ich meine Verwandtenschaft regelte immer mein Geistesleben, meine Erinnerungen: man stieß sonst an einander an in den dunkeln Straßen, damals VERDUNKELUNG, ich erinnere mich dunkel, die Leuchtplaketten im Krieg bei Nacht in den Straßen, am Rockaufschlag, am Mantelkragen, im Haar tummelten sich alle mit ihren kleinen gelbgrünen Scheinwerfern in den Kleidern, was mir Einbildung eintrug, etc..Unter Büschen ein Schatten, Wind- und Hundslöcher von stuppigen Stürmen gerüttelt. Damals die lautlosen Sensationen: Gedankenlawinen losgetreten.“

(aus „Magische Blätter II“)

Sie erklärt nie etwas, ihre Bücher lesen ist fast ein wenig so als hätte man ihre Wohnungen betreten, das Ganze hat einen Sinn, aber man sieht ja nur Ausschnitte, darf dem aber folgen und ist so inspiriert und fühlt sich so wesensverwandt.

Friederike Mayröcker erzählt alles. Aber nicht im Zusammenhang. Aber man kann alles bei ihr finden. Ein wunderbares Universum. Geschützt auch dadurch, daß den meisten das viel zu mühsam ist.

Doch glücklicherweise scheint es doch einige Fans zu geben, sondern wäre das tolle Buch wohl nicht erschienen. Klare Leseempfehlung, auch als Einstieg.

Siehe auch hier.